«Ich habe das Gefühl, meine Worte haben Taten bekommen» - erneut im Gespräch mit Ursina
- Miriam Steiner
- 16. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Juli
Zwei Jahre nach ihrem ersten Muskathlon-Interview haben wir Ursina erneut getroffen. Die geplante Reise nach Israel an den Dead Sea Marathon wurde agesagt, doch ausgebremst wurde ihr Engagement deswegen nicht. Erfahre, wie Ursina mit der Absage umging und wie sie sich nun der neuen Herausforderung stellt.
Hier geht's zum ersten Interview: Ich will nicht mehr auf Kosten anderer leben

Ursina, war die Absage des Muskathlons «Dead Sea Marathon» sehr enttäuschend für dich?
Ich habe mich damals grundsätzlich für den Muskathlon angemeldet, weil ich den Wunsch hatte, aktiv gegen Menschenhandel zu werden. Ich begann durch den Muskathlon das erste Mal, in meinem Umfeld über die Thematik zu sprechen. Inzwischen habe ich mit anderen den Verein «Norm182» gegründet, mit dem wir uns in der Schweiz gegen sexuelle Ausbeutung engagieren. Deshalb war die Absage zwar schade, aber sie hat mich nicht ausgebremst. Es war bereits ein super Sprungbrett, um mit Menschen über das Thema ins Gespräch zu kommen.
Was dachtest du, als dir die Alternative mit dem Muskathlon Südafrika vorgestellt wurde?
Ich dachte: Ja, ich habe mich angemeldet. Ich will das jetzt auch machen.
Was war deine Reaktion, als dir klar wurde, dass in Südafrika 43 km und zusätzlich 2'200 Höhenmeter auf dich warten?
(lacht) Ich dachte erst: Schaffe ich das? Ich habe aber letztes Jahr schon meine ersten Trailläufe gemacht, einfach zum Ausprobieren. Und dann dachte ich: Inzwischen bin ich zweimal einen Marathon gelaufen, es hat jedes Mal gut funktioniert und ich fühlte mich wohl. Ich wusste, einen normalen Marathon schaffe ich, die Frage ist nur, wie schnell. Ein Trailmarathon ist die nächste logische Stufe. Das passt jetzt ganz gut.
Wie passt du dein Training an diese neue Herausforderung an?
Ich möchte mehr trainieren und auch das Krafttraining ernster nehmen. Mein Glück ist, dass ich hier in St. Gallen, nahe dem Appenzell wohne – da ist es nirgends flach. Ich habe die Höhenmeter direkt vor der Haustür, das eignet sich perfekt fürs Training.
Gibt es etwas, worauf du dich direkt nach dem Zieleinlauf besonders freust?
Zieleinläufe sind immer etwas sehr Schönes. Das Gefühl nach all dem harten Training, wenn man weiss, ich habe es geschafft – gerade wenn es eine neue Herausforderung war. Dieses Gefühl trägt man dann auch noch ein paar Tage mit sich. Genau das reizt mich immer wieder, neue Herausforderungen anzunehmen. Und das Laufen in schöner Umgebung kommt noch dazu. Ich freue mich aber auch sehr, mit anderen Läuferinnen und Läufern dort zu sein. Denn sonst renne ich meistens alleine.
Und Südafrika – freust du dich darauf?
Afrika war schon länger in meinen Gedanken, dass ich da gerne mal hinreisen würde, speziell Südafrika. Aber ich habe mir in den letzten Jahren auch vorgenommen, aus ökologischen Gründen in Europa zu bleiben. Dass wir jetzt im Rahmen des Muskathlons dahin reisen, freut mich. Vor allem freue ich mich darauf, betroffene Frauen kennenzulernen, mit ihnen sprechen zu dürfen und alles zu erleben. Wenn man aus erster Hand hört und versucht zu verstehen, schärft das den Blick, und das Herz kann für die Sache wachsen.
Vor rund zwei Jahren hast du erzählt, dass du den Entschluss gefasst hast, nicht auf Kosten anderer zu leben. Wie ist es dir seither damit ergangen?
Es hat mich sehr begleitet. Vor allem bei meinem Konsumverhalten. Ich versuche da immer wieder hinzuschauen. Wir hier in Europa leben ja immer auf Kosten anderer. Die Frage ist, auf Kosten von wie vielen Menschen. Sind es beispielweise 500 oder nur 10?
Im Alltag überlege ich auch bei kleineren Dingen oft: Was kaufe ich, brauche ich das überhaupt? Und gerade im Bereich der sexuellen Ausbeutung, wo ich mich mit dem Verein Norm182 engagiere, hat sich viel getan. Es entstehen viele Gespräche in meinem Umfeld, mit Familie und Freunden. Das führt zu mehr Sensibilisierung für die Tatsache, dass sexuelle Ausbeutung auch in der Schweiz passiert und dass diese Frauen nicht so behandelt werden, wie sie es als Menschen verdienen.
Es hat sich über die zwei Jahre viel entwickelt. Und ich glaube, es wird sich noch weiter entwickeln. Ich habe nun einen praktischen Weg gefunden, wie ich meinen Worten auch Taten folgen lassen kann.

Zum Schluss noch eine schnelle Runde – drei Fragen, drei Antworten:
Training lieber im Winter bei Minusgraden oder im Sommer bei Höchsttemperaturen? Lieber im Winter, vorausgesetzt die Strassen sind nicht vereist.
Dein Must-Have, wenn du einen langen Trainingslauf vor dir hast? Wasser.
Welcher Song darf in deiner Playlist nicht fehlen? Ich höre nicht immer Musik, aber es gibt keinen bestimmten Song. Ich habe eine riesengrosse Playlist mit allem, was mir gefällt. Und wenn mich was nervt, überspringe ich einfach (lacht).
Danke Ursina, dass du dein Herz und deine Geschichte mit uns geteilt hast. Und für deinen unermüdlichen Einsatz für mehr Gerechtigkeit!
Unterstütze Ursina bei ihrer Mission!
Mit deiner Spende ermöglichst du Frauen, die aus der unfreiwilligen Prostiution aussteigen, ein Ausbildungs- und Integrationsprogramm für den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt.
Vielen Dank für deine Unterstützung und dein Engagement gegen Menschenhandel!
Werde selbst aktiv
Die Anmeldung für den Muskathlon 2025 ist zwar geschlossen, aber auf unserer Unterstützungsplattform Act2Glow hast du die Möglichkeit, selbst eine Aktion zu starten.
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